Im Jahre 1908 ließ Heinrich Schmitz nach Plänen des Architekten Kuhlmann den Saalbau der KÖNIGSBURG errichten, der sich mit seinem Rabitzgewölbe in eine kleine Serie noch erhaltener Saalbauten des frühen 20. Jahrhunderts in unserer Region einreiht, zu denen auch das Jugendstil-Stadtbad in Viersen gehört. Mehr lesen ...
Die KÖNIGSBURG brachte mit Konzert-, Tanz- und Bühnenveranstaltungen den Glanz und die Festlichkeit der Großstädte in die Kleinstadt Süchteln. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verringerte das Veranstaltungsangebot und der Saal diente vorübergehend Wehrmachtsgruppenteilen als Quartier. In den letzten Kriegsjahren waren deportierte Fremdarbeiter die KÖNIGSBURG untergebracht.
An dieser Stelle möchten wir auf die umfangreichen Recherchen des Viersener Vereins zur Förderung der Erinnerungskultur aufmerksam machen. In der Datenbank der „Virtuellen Gedenkstätte Viersen 1933-45“ sind Informationen zusammengetragen, die die Rolle der Königsburg während des 2. Weltkriegs und noch in der Zeit nach Kriegsende beleuchten.
Trotz aller widriger Umstände und der miserablen wirtschaftlichen Lage in den Nachkriegsjahren verspürten auch die Menschen in Süchteln neuen Lebensmut und suchten wieder Unterhaltung und Vergnügungen. Allerdings zeigte sich auch eine Trendwende zum „Geliebten Kino“. Die Saalveranstaltungen wurden weniger, die Wirtschaftlichkeit des Saalbaues war nicht mehr gegeben.
Unter Federführung des Düsseldorfer Architekten Alfons Nehaus entstand 1951 ein neuzeitliches Lichtspieltheater mit ca. 300 Sitzen, verbunden mit einer ausgezeichneten Akustik und modernen Philips-Tonfilmapparaturen. Das Süchtelner Lichtspielhaus erlebte in den 50er Jahren einen wahren Zuschauerboom. Es ist überliefert, dass während großer gesellschaftlicher Ereignisse die Bestuhlung abgebaut wurde und bis zu 900 Personen den Saal bevölkerten.
Die Kino-Ära war kurz. Ende der 60er Jahre begann das große Sterben der Lichtspielhäuser, von dem auch die Königsburg nicht verschont blieb. 1972 wurde das Süchtelner Kino geschlossen, die Nutzung des Saales endete. Karl-Heinz Schmitz und dessen Frau Inge bewirtschafteten die Gaststätte im Vorderhaus noch weiter. Nach und nach wurden der Königsburgkeller im Souterrain, die Gaststätte im Vorderhaus und schließlich die darüber liegende Wohnung aufgegeben.
Seit 2005 stand der gesamte Gebäudekomplex leer und verfiel zusehends. 2015 konnte der gemeinnützige Verein „KÖNIGSBURG 2.0 e.V.“ das gesamte Objekt erwerben.
Beschreibung des Saalbaus der KÖNIGSBURG
“Der Saalbau der an der Hochstraße gelegenen Gaststätte „Königsburg“ ist im rückwärtigen Hofbereich, angrenzend an die Irmgardisstraße, zu finden. Der Außenbau in Putz-Backstein ausgeführt zeichnet sich durch funktionelle Schlichtheit aus, verzichtet dabei aber nicht auf eine repräsentative Gestaltung der Eingangsfassade mit zeittypischem Dekor. Die im Jugendstil gehaltene Fassade weist im Erdgeschoss eine zweiflügelige Saaleingangstür mit sprossenunterteiltem Oberlicht auf. Die Holztüren sind mit geometrischen und floralen Ornamenten geschmückt. Zu erreichen ist das Erdgeschoss über eine Freitreppe mit beidseitigem Eisengeländer, das mit verschiedenen geometrischen Ornamenten verziert ist. Das Obergeschoss, mit einem über die gesamte Hausbreite versehenen Balkon, weist eine funktionelle Aneinanderreihung von Fenstern und Türen auf. Die repräsentative Eingangshalle findet ihren Abschluss in einem leicht segmentbogenförmig abgetreppten Ziergiebel, der mit einem im Jugendstil gehaltenen Ornament geschmückt ist. Das Saalgebäude, ebenfalls von der Irmgardisstraße zugänglich, weist eine Backstein-Putzfassade auf, wobei der rote Backstein dominiert. Architektonisch reizvoll zeigt sich im Fensterbereich das Wechselspiel zwischen Putzflächen und rotem Backstein. Die zwei dreiflügligen sprossenunterteilten Fenster sind mit einem Flachbogen versehen. Das Dachgesims wird betont durch ein Zahn- und Würfelfries. Das Saalgebäude wird in seinem Innern geprägt durch den rechteckförmigen Saal mit den abgerundeten Ecken im Wand-Deckenbereich und die in Bogenform gehaltene Decke, die für eine hervorragende Akustik sorgt. Der eher funktionell ausgestattete Saal mit seiner Bühne und Leinwandfläche sowie einem höher liegenden Bildwerfer- und Schaltraum weist im Deckenbereich rosettenähnliche und geometrische Ornamente auf, die die Deckenform betonen.
Der neben dem Saal in Richtung Irmgardisstraße befindliche Vorraum weist einerseits einen Ausgang zur Irmgardisstraße auf und andererseits ist dort der Kellerabgang zu finden. Der Saalbau erfährt seine Bedeutung als Beispiel eines Bautyps, der im Innern im Wesentlichen erhalten ist und architekturgeschichtlich interessante Details besitzt. Der Außenbau zeichnet sich durch funktionale Schlichtheit aus, verzichtet dabei aber nicht auf eine repräsentative Gestaltung der Eingangsfassade mit zeittypischem Dekor.
Die Innenarchitektur des Kinosaales zeigt sich in der Formensprache der frühen 50iger Jahre mit den abgerundeten Ecken im Wand-Deckenbereich und der von der Akustik bestimmten bogenförmigen Decke.
Aus wissenschaftlichen, insbesondere architekturgeschichtlichen, ortsgeschichtlichen und sozialgeschichtlichen Gründen liegen Erhaltung und Nutzung des Saalbaues der Gaststätte „Königsburg“ gemäß § 2 (1) des Denkmalschutzgesetzes im öffentlichen Interesse.”
Aus der Denkmalbeschreibung der Stadt Viersen
Quellen:
Rheinische Post – Grenzlandkurier: „Süchtelns vergessenes Kino“, von Ulrich Schäfer, 11. Juni 1988
Süchteln – und Nettetal „Aktuell“: „Damals… Königsburg – Saal- und Kino-Herrlichkeit“
Bausubstanz, Heft 8: „Opas Kino wird nicht sterben“, von Gernot Feldhusen, 4. Jahrgang, Neustadt 1988
Akte Hochstraße 13
Sta. 63 Bauordnungsamt der Stadt Viersen
Akte Hochstraße 13
Sta. 65 Hochbauamt der Stadt Viersen